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2017

Zum Tod von Christos Joachimides

Christos Joachimides
Christos Joachimides © AKG Brigitte Hellgoth

Als der Zeitgeist glänzte
Der Kurator Christos Joachimides ist gestorben. Ein Rückblick auf einen Trendsetter des Berliner Ausstellungsbetriebs.

Was waren das für Zeiten, als im Martin-Gropius-Bau eine Mega-Ausstellung auf die andere folgte! Teils wurden sie von den Berliner Festspielen veranstaltet, teils aber von einer – wie soll man es nennen: Agentur? Ihr Name lautete „Zeitgeist-Gesellschaft zur Förderung der Künste in Berlin“, und eigentlich war es eine einzige Person, die dahinter stand: Christos Joachimides, Athener von Geburt, Berliner vom Wohnsitz her, Weltbürger von Gesinnung.

Es waren die achtziger und neunziger Jahre, in denen West- und dann ganz Berlin kulturell glänzte. Geld kam von der Lottostiftung, nach Gutsherrenart geführt vom CDU-Granden Klaus-Rüdiger Landowsky. Joachimides’ Weg in diese Nähe zur Macht, die seinen Ausstellungsvorhaben Millionenzuschüsse bescherte, war bemerkenswert genug. 1932 in Athen geboren, als Jugendlicher Zeuge des fürchterlichen Bürgerkriegs in seinem Heimatland, ging er zum Studium der Kunstgeschichte nach Heidelberg und 1958 nach West-Berlin. Hier machte sich Joachimides einen Namen mit zeitgenössischer Kunst, sowohl aus Griechenland als auch aus Berlin. Ins Rampenlicht der Öffentlichkeit trat er, als er mit Künstlern wie Dieter Hacker oder Jörg Immendorff über Kunst diskutierte, aber ebenso mit Joseph Beuys. Daraus ergab sich unter anderem die Ausstellung „Art into Society – Society into Art“, die er 1974 in London organisierte – wobei er auf seinen langjährigen Mitstreiter Norman Rosenthal traf, den späteren Ausstellungsleiter der Royal Academy.

Joachimides war mit den Politzirkeln der Stadt bestens verbunden

Dort zeigte das Duo 1981 „A New Spirit in Painting“, eine 180-Grad-Wende von der politischen Kunst hin zu Farbe und Leinwand. Was immer an neo-expressiver Kunst folgte: Hier war es erstmals auf großer Bühne zu sehen. Ein Jahr später dann im Gropius-Bau die viel diskutierte, viel bestaunte Ausstellung, die den Zeitgeist zu sinnlichem Ausdruck brachte und folglich auch so hieß: „Zeitgeist“ wurde zum Label einer Epoche.

An diesem Erfolg wurde Joachimides fortan ebenso gemessen, wie er ihm selbst als Maßstab diente. Es folgten 1986 – in Stuttgart und wiederum London – die pompöse Ausstellung „Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert“, an der beteiligt zu sein die heftigsten Anstrengungen von Galeristen und Künstlern auslöste, 1991 „Metropolis“, nicht ganz so spektakulär wie „Zeitgeist“, ferner ein hierzulande noch nie zuvor gesehenes Panorama der amerikanischen Kunst, 1997 dann schlankweg „Die Epoche der Moderne“. Und und und; man kann gar nicht aufzählen, was Joachimides zusätzlich und durchaus auch in kleinerem Maßstab organisierte, mithilfe seines Vereins und nicht zu vergessen dessen diskreten Beziehungen zur Berliner Politik– denn wer auf sich hielt, sammelte zeitgenössische Kunst- er war in die Politzirkel der Stadt aufs Beste verdrahtet. Das hat Joachimides Kritik eingebracht, in Wahrheit wohl schlecht getarnter Neid.

So kam es auch nicht zur Neuorganisation des Gropius-Baus, als dessen Intendant sich der von Berlin ernannte Ehren-Professor wohl schon gerne gesehen hätte. Die dritte große Ausstellung zur Gegenwartskunst, „Ausblick“, hat Joachimides in Berlin jedenfalls nicht mehr realisieren dürfen; der Wind hatte sich gedreht. Er richtete sie unter dem Titel „Outlook“ in Athen aus, quasi als Vorprogramm zu den Olympischen Spielen von 2004. Von da an wollte er seiner Heimatstadt zu einer entsprechenden Infrastruktur verhelfen, wollte die Kunstakademie beleben und ein modernes Museum schaffen. Unermüdlich wie stets, arbeitete er zuletzt an der Gründung einer kunsthistorischen Bibliothek. Am Montag ist Christos Joachimides 85-jährig in Athen gestorben.

Was waren das für Zeiten, als im Martin-Gropius-Bau eine Mega-Ausstellung auf die andere folgte! Teils wurden sie von den Berliner Festspielen veranstaltet, teils aber von einer – wie soll man es nennen: Agentur? Ihr Name lautete „Zeitgeist-Gesellschaft zur Förderung der Künste in Berlin“, und eigentlich war es eine einzige Person, die dahinter stand: Christos Joachimides, Athener von Geburt, Berliner vom Wohnsitz her, Weltbürger von Gesinnung.

Es waren die achtziger und neunziger Jahre, in denen West- und dann ganz Berlin kulturell glänzte. Geld kam von der Lottostiftung, nach Gutsherrenart geführt vom CDU-Granden Klaus-Rüdiger Landowsky. Joachimides’ Weg in diese Nähe zur Macht, die seinen Ausstellungsvorhaben Millionenzuschüsse bescherte, war bemerkenswert genug. 1932 in Athen geboren, als Jugendlicher Zeuge des fürchterlichen Bürgerkriegs in seinem Heimatland, ging er zum Studium der Kunstgeschichte nach Heidelberg und 1958 nach West-Berlin. Hier machte sich Joachimides einen Namen mit zeitgenössischer Kunst, sowohl aus Griechenland als auch aus Berlin. Ins Rampenlicht der Öffentlichkeit trat er, als er mit Künstlern wie Dieter Hacker oder Jörg Immendorff über Kunst diskutierte, aber ebenso mit Joseph Beuys. Daraus ergab sich unter anderem die Ausstellung „Art into Society – Society into Art“, die er 1974 in London organisierte – wobei er auf seinen langjährigen Mitstreiter Norman Rosenthal traf, den späteren Ausstellungsleiter der Royal Academy.

Joachimides war mit den Politzirkeln der Stadt bestens verbunden

Dort zeigte das Duo 1981 „A New Spirit in Painting“, eine 180-Grad-Wende von der politischen Kunst hin zu Farbe und Leinwand. Was immer an neo-expressiver Kunst folgte: Hier war es erstmals auf großer Bühne zu sehen. Ein Jahr später dann im Gropius-Bau die viel diskutierte, viel bestaunte Ausstellung, die den Zeitgeist zu sinnlichem Ausdruck brachte und folglich auch so hieß: „Zeitgeist“ wurde zum Label einer Epoche.

An diesem Erfolg wurde Joachimides fortan ebenso gemessen, wie er ihm selbst als Maßstab diente. Es folgten 1986 – in Stuttgart und wiederum London – die pompöse Ausstellung „Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert“, an der beteiligt zu sein die heftigsten Anstrengungen von Galeristen und Künstlern auslöste, 1991 „Metropolis“, nicht ganz so spektakulär wie „Zeitgeist“, ferner ein hierzulande noch nie zuvor gesehenes Panorama der amerikanischen Kunst, 1997 dann schlankweg „Die Epoche der Moderne“. Und und und; man kann gar nicht aufzählen, was Joachimides zusätzlich und durchaus auch in kleinerem Maßstab organisierte, mithilfe seines Vereins und nicht zu vergessen dessen diskreten Beziehungen zur Berliner Politik– denn wer auf sich hielt, sammelte zeitgenössische Kunst- er war in die Politzirkel der Stadt aufs Beste verdrahtet. Das hat Joachimides Kritik eingebracht, in Wahrheit wohl schlecht getarnter Neid.

So kam es auch nicht zur Neuorganisation des Gropius-Baus, als dessen Intendant sich der von Berlin ernannte Ehren-Professor wohl schon gerne gesehen hätte. Die dritte große Ausstellung zur Gegenwartskunst, „Ausblick“, hat Joachimides in Berlin jedenfalls nicht mehr realisieren dürfen; der Wind hatte sich gedreht. Er richtete sie unter dem Titel „Outlook“ in Athen aus, quasi als Vorprogramm zu den Olympischen Spielen von 2004. Von da an wollte er seiner Heimatstadt zu einer entsprechenden Infrastruktur verhelfen, wollte die Kunstakademie beleben und ein modernes Museum schaffen. Unermüdlich wie stets, arbeitete er zuletzt an der Gründung einer kunsthistorischen Bibliothek. Am Montag ist Christos Joachimides 85-jährig in Athen gestorben.

Bernhard Schulz
Tagesspiegel, 15.12.17

Dirk Schwarze zum Abschied

Dirk Schwarze
Dirk Schwarze

Unser Kollege Dirk Schwarze ist am 15. Juni 2017, knapp nach der Eröffnung der documenta 14, an einer schweren Krebserkrankung gestorben. Bis zuletzt hatte der Autor des documenta Standardwerkes Meilensteine. 50 Jahre documenta gehofft, auch die 14. Ausgabe begleiten zu können, zumindest noch in Kassel, denn nach Athen konnte er schon nicht mehr reisen.

Mit seinem Gespür und seiner Offenheit für das Innovative befasste er sich bis zuletzt mit dem Ansatz der documenta 14 und deren Schwerpunkt auf so flüchtige Kunstformen wie Performance, Musik und Radiosendungen sowie die Sprengung der Grenzen zwischen den verschiedenen Kunstgattungen und Ausdruckformen, zwischen Kunst, Kunsthandwerk und Volkskunst. Welch ein Unterschied zu der ersten documenta, die Dirk Schwarze in Die Kunst des Inszenierens: oder Als Arnold Bode Ernst Wilhelm Nay in den Himmel hob analysiert hat! Er, der mit allen documenta Leitern engen Kontakt pflegte und aus nächster Nähe den Wandel der documenta von einer Kunst-Ausstellung zum Kuratoren-Spielfeld beobachtete, hat schließlich seinen Aufsatz Die Expansion der documenta-Kritik. Eine Ausstellung im Spiegel der Presse als Band 16 der AICA Schriften veröffentlicht. Darin beschreibt er, wie kritisch, polemisch und auch schon einmal rüde die Kunstkritik fortan mit den Kuratorinnen und Kuratoren umging.

Dirk Schwarze, 1942 in Glogau geboren, studierte Germanistik und Soziologie an der Universität zu Köln. Dort und in Solingen begann er seine journalistische Karriere. Anfang der 70er Jahre zog er nach Kassel, wo er von 1970 bis 1979 Redakteur der Hessischen Allgemeinen war und 1979 bis 1981 Kunstkritiker bei der Rheinischen Post in Düsseldorf. 1981 – 2007 war er Leiter der Kulturredaktion und Kunstkritiker der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) und ab 2002 Autor für Kultur und Sonderthemen. Wohl hat ihm sein 1982 durch die documenta 5 von Harald Szeemann gewecktes Engagement für die documenta den Spitznamen „Mister documenta“ eingebracht, zu den bereits genannten aber sein Interesse und seine journalistische Aufmerksamkeit galten vielen unterschiedlichen Künstlern. Er schrieb Katalogtexte zu Joseph Beuys, Rolf Escher, Jörg Immendorf, Ansgar Nierhoff und vielen anderen.

Vor allem Kassel und die Region haben ihm wichtige Impulse zu verdanken. Er war lange Jahre ehrenamtlich im documenta-Forum tätig, seit 2007 als dessen Vorsitzender. Darüber hinaus war er im Kuratorium der Evangelischen Akademie Hofgeismar. Während des Neujahrsempfangs 2012 wurde Dirk Schwarze von Oberbürgermeister Bertram Hilgen zum Ehren-Kasselaner ernannt. Der Titel „Kasseläner honoris causa“ ist eine Auszeichnung, die seit 2007 beim Neujahrsempfang "zugereisten" Personen verliehen wird, die besonders großen Anteil am kulturellen und sozialen Leben der Stadt Kassel haben.

Wir behalten ihn in lebendiger Erinnerung.

Danièle Perrier
Präsidentin
Koblenz 2017






Verstorben

Am 30. Januar ist Jürgen Morschel von uns gegangen.
Unsere Kollegin, Dr. Hanne Weskott ist am 28. Januar gestorben. Wir gedenken Ihrer.

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